Im Mai 2025 veröffentlichte das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG; zuvor Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BZgA) die Ergebnisse ihrer Studie “Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2023 – Substanzkonsum und Internetnutzung im Jahr 2023 und Trends”. Dieser Forschungsbericht wertet, wie bereits in den Jahren 2011, 2015 und 2019, die Nutzung von digitalen Spielen und Internetangeboten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus. Bei der Drogenaffinitätsstudie handelt es sich um eine deutschlandweite Repräsentativbefragung von über 7.000 Personen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren.
Lesen Sie hier die wichtigsten Erkenntnisse der Drogenaffinitätsstudie 2023.
In der Forschung werden verschiedene Begriffe für medienbezogene Verhaltenssüchte verwendet, darunter Internetabhängigkeit, internetbezogene Störung oder Computerspielsucht. Übergreifend wird häufig auch von einer exzessiven, problematischen oder pathologischen Internet- bzw. Mediennutzung gesprochen.
Erkenntnisse der Drogenaffinitätsstudie
Seit der vorangegangenen Studie im Jahr 2019 hat die wöchentliche Dauer, die Jugendliche und junge Erwachsene privat im Internet verbrachten, zugenommen. 12- bis 17-Jährige waren 2023 durchschnittlich rund 26 Stunden online, während dies 2019 noch rund 23 Stunden waren. Am häufigsten wurde das Internet zur Kommunikation genutzt. Der Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die ein problematisches Mediennutzungsverhalten oder sogar eine internetbezogene Störung aufweisen, ist seit Beginn der Erhebungen (2011) stark angestiegen. Viele Fachkräfte, die im Bereich der Suchtprävention, Beratung und Therapie aktiv sind, werden mit den Folgen dieser Entwicklung in ihrem Berufsalltag bereits konfrontiert. Um Ihnen einen Überblick über die aktuelle Tendenz zu ermöglichen und wichtige Erkenntnisse für Ihre Arbeit ableiten zu können, fassen wir nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse zusammen:
Internetangebote, die der Kommunikation dienen, nehmen den höchsten Stellenwert bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein.
Neben den Kommunikationsmöglichkeiten werden am häufigsten internetbasierte Unterhaltungs- und Informationsangebote sowie digitale Spiele genutzt.
Etwa die Hälfte der 12- bis 17-Jährigen zeigt einen unproblematischen Umgang mit digitalen Medien.
Bei etwa 15 % der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren ist hingegen von einer computerspiel- oder internetbezogenen Störung auszugehen.
Auch das „problematische Nutzungsverhalten“ ist gestiegen: Etwa 36 % der Befragten in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen zeigen eine potenziell problematische Computerspiel- oder Internetnutzung.
In der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen ist eine mit zunehmendem Alter steigende Tendenz für ein problematisches Nutzungsverhalten oder eine internetbezogene Störung sichtbar. Im jungen Erwachsenenalter geht dieser Trend wieder leicht zurück.
Die Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen nutzt Internetangebote und Computerspiele im Durchschnitt 25,8 Stunden pro Woche, während es bei den 18- bis 25-Jährigen 28,0 Stunden sind. Diese Zeiten bilden ausschließlich die private Nutzung ab, nicht die Internetnutzung für Schule, Ausbildung oder Arbeit.
Mit zunehmenden Alter war in der Altersgruppe der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen ein Anstieg bei der täglichen Nutzung des Internets zur Kommunikation, Unterhaltung, Information und der wöchentlichen Stundenzahl zu beobachten, während die Nutzung von digitalen Spielen signifikant abnahm.
Um festzustellen, ob bei den Befragten ein problematisches Mediennutzungsverhalten vorliegt, nutzt die Drogenaffinitätsstudie die „Compulsive Internet Use Scale“ (CIUS). Die CIUS bildet mithilfe einer Punkteskala von 0 bis 56 ab, ob bei Betroffenen eine internetbezogene Störung vorliegen könnte. Von 20 bis 29 Punkten wird von einer „vermutlich problematischen Internetnutzung“ ausgegangen, ab 30 Punkten ist von einer internetbezogenen Störung auszugehen.
Einfluss von Bildungsgrad und Migrationshintergrund auf das Nutzungsverhalten
In der Drogenaffinitätsstudie wird sichtbar, dass bei der Verbreitung eines problematischen Nutzungsverhaltens sowie bei computerspiel- und internetbezogenen Störungen Bildungsunterschiede vorliegen: Im Gegensatz zur Befragung 2019 gehen bei den 12- bis 17-Jährigen höhere Prävalenzwerte durchschnittlich mit einer höheren Bildung (Besuch eines Gymnasiums) einher.
Jedoch verbringen Jugendliche an Haupt-, Real-, Gesamt-, anderen Schulen oder in Ausbildung täglich und wöchentlich mehr Zeit mit Computerspielen und insgesamt mehr Stunden pro Woche online.
Außerdem stellt die Studie auch einen Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Nutzungsverhalten fest. Sowohl ein problematisches Nutzungsverhalten als auch computerspiel- und internetbezogene Störungen sind bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund stärker verbreitet, wobei die höchsten Prävalenzwerte in der Gruppe “Migrationshintergrund Türkei/Asien” vorliegen: Bei 40,6 % der 12- bis 17-Jährigen mit “Migrationshintergrund Türkei/Asien” liegt ein problematisches Nutzungsverhalten vor und bei 24,7 % sogar eine computerspiel- bzw. internetbezogene Störung.
Im Vergleich dazu liegen die Werte bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund bei 34,5 % (problematische Nutzung) und 14,9 % (computerspiel-/internetbezogene Störung).
Auch in der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen war die wöchentliche Dauer der Internetnutzung bei den jungen Erwachsenen mit türkischem oder asiatischem Migrationshintergrund höher als bei denjenigen ohne Migrationshintergrund und sie berichteten signifikant häufiger von internetbezogenen Problemen.
Anstieg des problematischen Nutzungsverhaltens bei Mädchen und Jungen
In der Auswertung zeigen sich zudem teilweise signifikante Geschlechterunterschiede in Bezug auf das Nutzungsverhalten:
Weniger männliche als weibliche Jugendliche nutzen das Internet täglich für Kommunikation, dafür spielten aber mehr männliche als weibliche Jugendliche täglich digitale Spiele.
Im Vergleich zu den 18- bis 25-jährigen jungen Frauen nutzten mehr junge Männer das Internet täglich für Unterhaltungs- und Informationszwecke sowie zum Spielen.
Bei Mädchen und jungen Frauen ist zudem ein vergleichsweise stärkerer Anstieg der internet- oder computerspielbezogenen Störung zu verzeichnen. Der Anstieg der problematischen Nutzung ist bei beiden Geschlechtern ähnlich.
Die durchschnittliche wöchentliche Nutzungsdauer hat sich bei männlichen Jugendlichen und jungen Männern am stärksten erhöht. Im Vergleich zu den Werten im Jahr 2015 hat sich die wöchentliche Nutzungsdauer bei männlichen Jugendlichen um 4,7 Stunden und bei jungen Männern um 6,6 Stunden erhöht.
Bei Jungen zwischen 12 und 17 Jahren ist im Vergleich zur Studie von 2019 ein Anstieg der internet- und computerspielbezogenen Störungen von 7,0 auf 10,8 % sichtbar. Bei weiblichen Jugendlichen ist ein noch stärkerer Trend erkennbar: Der Anteil von betroffenen Mädchen hat sich zwischen 2019 und 2023 von 10,0 auf 19,9 % erhöht und fast verdoppelt. Auch sind Mädchen fast doppelt so häufig von einer internet- oder computerspielbezogenen Störung betroffen als Jungen.
Die tägliche Nutzung von Online-Angeboten hat bei Jugendlichen über die Zeit insgesamt stark zugenommen: Rund 96 % nutzen mindestens ein Online-Angebot täglich. Digitale Spiele werden mit rund 60 % von männlichen Jugendlichen fast doppelt so häufig regelmäßig genutzt wie von Mädchen (rund 32 %).
Bedeutung des Forschungsberichts für die Suchtpräventionsarbeit
Die Nutzung der digitalen Medien ist nicht nur selbstverständlich, sondern in vielen Lebensbereichen unumgänglich geworden. Nicht nur im privaten Bereich hat die Computer- und Internetnutzung einen festen Platz eingenommen, auch im schulischen und beruflichen Kontext spielen die digitalen Medien eine zentrale Rolle. Eine gesunde und ausgewogene Mediennutzung gehört daher zu den absolut erforderlichen Grundkompetenzen des digitalen Zeitalters.
Um einer problematischen Computerspiel- und Internetnutzung sowie internetbezogenen Störungen vorzubeugen, ist vor allem eine frühzeitige Präventionsarbeit notwendig. Dazu gehört die frühe und individuell angepasste Medienerziehung im Elternhaus, die Medienkompetenzentwicklung in der Schule sowie die Aufklärungs- und Beratungsangebote geschulter Fachkräfte. Die daraus abzuleitenden Aufgaben sind für die Arbeit der Suchtprävention nicht neu, dafür aber richtungsweisend und bestärkend:
Die Medienkompetenz sollte frühestmöglich aufgebaut und umfassend gestärkt werden. Die Medienkompetenzentwicklung sollte schrittweise und altersgerecht stattfinden.
Kinder und Jugendliche müssen frühzeitig über die Problematik der exzessiven Mediennutzung aufgeklärt werden.
Bei der Präventions-, Beratungs- und therapeutischen Arbeit sollte auf wichtige demografische Merkmale Rücksicht genommen werden, wie Alter, Geschlecht, soziale Herkunft bzw. Migrationshintergrund und Bildungsgrad, die Entwicklung und Ausprägung eines problematischen Nutzungsverhaltens beeinflussen können.
Unterstützung und Hilfe für Betroffene sowie für ihre Angehörigen sollte bereits bei ersten Anzeichen für ein problematisches Nutzungsverhalten angeboten werden. Ein möglichst niedrigschwelliger Einstieg in das Hilfesystem kann in vielen Fällen hilfreich sein (z. B. Selbsthilfegruppen, Telefon- oder Online-Beratung).
Quellen
Orth, B., Spille-Merkel, C. & Nitzsche, A. (2025). Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2023. Substanzkonsum und Internetnutzung im Jahr 2023 und Trends. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. DOI: doi.org/10.17623/BZGA:Q3-DAS23-DE-1.0